|
|
KOLLEKTIV BARNER 16 |
|
|
Hamburg-Altona
im Winter 2012/13. Was tun? Ab nach Hause,
die Decke über den Kopf, oder? Doch da...
aus der Ferne... leise Musik, eine Melodie,
ein Beat. Unwillkürlich spitzt man die Ohren
und lauscht. Unwiderstehlich zieht es einen
zur Quelle des Sounds. Über die Kreuzung,
vorbei an einem altehrwürdigen
Veranstaltungszentrum zu einem Hinterhof...
Und was für ein Hinterhof! Die
verschiedensten Klänge dringen aus dem
Gebäude mit der Adresse Barnerstraße 16.
Dort ein paar Takte Funk, hier Harmonien,
welche an Shoegaze-Sound erinnern, dann
wieder Elektrobeats und Sprechgesang, bevor
diese nach ein paar Sekunden scheinbar vom
Wind weggetragen und durch einen krachigen
Sound ersetzt werden, der in den 1980er
Jahren wohl Indie-Pop genannt worden wäre.
Faszinierend! Wie dem auch sei. Wir betreten
nun das Haus. Die Barner 16, ein Labyrinth
aus Proberäumen und Studios, alten und neue
Instrumenten, Digitalem und Analogem. Und
wie schon zu vermuten war: eine kreative
Supernova. Die warholsche Factory muss eine
Ansammlung von Langweilern dagegen gewesen
sein. Hier nennt man es ein "inklusives
Netzwerk professioneller
Kulturproduktionen", welche
zahlreiche Bands, Theater- und
Tanzproduktionen, Autoren, Videokünstler,
ein Label und eine Booking-Agentur vereint.
Es wird gespielt, gemixt, geremixt und
gesungen, dass die Schwarte kracht. Musik
auf jedem Quadtratmeter. "Die sollten
ein Album aufnehmen!", denkt man
sich. "Ham wa doch!" - aus dem
Dunkel erhebt sich ein blasser junger Mann.
Ist es Kevin Hamann (ClickClickDecker/
Bratze), Alexander Tsitsigias (Station 17/
Das Bierbeben) oder Christian Fleck (Station
17)? Auf jeden Fall einer dieser coolen,
sympathischen, unprätentiösen Player aus dem
Hamburger Underground.
"Hier, hör mal." - die Entertaste
wird gedrückt und dem Rezensenten wird die
Ehre zu Teil, das Debütalbum des Kollektivs
Barner 16 vorgespielt zu bekommen. Ein
musikalisches Universum tut sich auf! Als
hätten sich Wire und S.Y.P.H. mit dem Go
Team! zusammengetan. Oder wie in diesem
Video von Run DMC und Aerosmith. Nur, dass
in dem einen Übungsraum Fatboy Slim derbste
Beats abfeuert und im Nachbarraum Neu!
spielen... Oder als hätte man ein Stunde vom
besten Radiosender der Welt aufgenommen.
Eine musikalische Wundertüte. Der blasse
junge Mann schmunzelt:
"Das, was Du gerade hörst, ist das
Kollektiv Barner 16 Album. Eine neue
Konstellation von über 30 Musikern aus
allen Bereichen unserer Factory. Als
hätten mehrere Bands ein Compilation-Tape
gemacht! Stell es Dir mal so vor: Die
Barner 16 ist so eine Art musikalische
Diamantenmine. Wir sind ungefähr 100
unterschiedliche Diamantensucher. Jung und
etwas älter, Frauen und Männer, mit und
ohne Handicap (also nicht das vom
Golfen). Ein Jahr lang haben wir
geschürft."
Das Debütalbum des Kollektivs Barner 16
vereint die schönsten Diamanten aus einem
Jahr. Und zwar keine Rohdiamanten, sondern
Edelsteine. Ich habe lange nicht mehr ein so
gutes Pop-Album gehört!
|
|
|